Trendy und chic: Auch Litauens Hauptstadt Vilnius hat alten Staub von sich geschüttelt. Die historische Altstadt zählt zu den schönsten Europas.
Der weite Domplatz von Vilnius mit der schneeweißen Kathedrale, die mit ihren dorischen Säulen eher wie ein griechischer Tempel wirkt, bildet das pulsierende Herz der Stadt und dient im Sommer als große Freilichtbühne. Hier laufen alle Fäden zusammen, hier beginnt auch die schönste Flaniermeile der Stadt, der Gediminas-Prospekt. Zwischen dem separat stehenden Glockenturm, der schon von Weitem ins Auge fällt, der Kathedrale und der Reiterstatue von Fürst Gediminas flanieren Einheimische und Touristen gleichermaßen, suchen Jugendliche und Straßenkünstler nach Aufmerksamkeit. Die Jungs mit Skateboard und coolen Sonnenbrillen, die Mädchen in Miniröcken und abenteuerlich hochhackigen Schuhen – trendy und chic ist mittlerweile auch in Litauens Hauptstadt angesagt.
In Vilnius wurden seit jeher die wichtigsten Kapitel der litauischen Geschichte geschrieben. Das vorerst letzte während der Kundgebungen zur Unabhängigkeit von der Sowjetunion. Auch die Menschenkette durch das gesamte Baltikum, einer der emotionalen Höhepunkte während der Loslösung von der Sowjetunion begann auf dem Kathedralenplatz.
Schönheitskur nach westlichem Vorbild
Die mit Stuck verzierten Fassaden haben längst ihre Patina abgelegt, Cafés, Boutiquen und Geschäfte laden zum Bummeln ein und in den vielen Straßencafés genießt man die milden Sommernächte und das litauische Bier. So hat auch der Gediminas-Prospekt eine komplette Schönheitskur hinter sich. Vergessen sind die Zeiten als die Geschäftsstraße einen recht traurigen Eindruck machte und an die Sowjetzeit erinnerte. Jetzt hat sie sich zu einem Schmuckstück und einem modernen Boulevard gewandelt.
Doch Vilnius hat noch viel mehr zu bieten, denn glücklicherweise hat es den Zweiten Weltkrieg und die Sowjetzeit ohne große Schäden an der Bausubstanz überstanden und besitzt deshalb heute eine der größten und schönsten historischen Altstädte in Osteuropa. Viele Baustile haben die Stadt beeinflusst, von der mittelalterlichen Gotik bis zum Neoklassizismus, doch weite Teile der Altstadt sind ein Produkt des Spätbarocks nach den verheerenden Bränden im 17. und 18. Jahrhundert. Überraschend viel hat sich in den Jahren seit der Unabhängigkeit getan, denn bei einem Stadtbummel sieht man kaum noch verwahrloste Häuser oder Kirchen. Die engen Gassen säumen wunderschöne alte Wohnhäuser mit aufwändigen Fassaden, unzählige Kirchen und eine der ältesten Universitäten Europas, die fast schon ein eigenes Stadtviertel bildet.
Napoleon und die St. Annenkirche
Wer sich die Mühe macht und den steilen Burgberg bis zum achteckigen Gediminas-Turm hinaufsteigt, der überblickt große Teile der Altstadt. Ins Auge fallen sofort die nahe Kathedrale und die vielen Kirchtürme. Einer der architektonischen Höhepunkte ist die im 16. Jahrhundert begonnene St. Annenkirche, die zusammen mit der Benediktinerkirche den gotischen Winkel bildet. Schon Napoleon war von dem filigranen Bauwerk aus roten Backsteinen so begeistert, dass er sie am liebsten zerlegt und mit nach Frankreich genommen hätte.